Mittwoch, 21. November 2012

Hongkong: Zurück in der Zukunft




Wow! Krasser kann der Gegensatz nicht sein. Eben noch im schmutzigen, stinkenden und luftverschmutzten (aber trotzdem liebenswerten) Kathmandu, jetzt im sauberen, hochglanzpolierten und snieken Hongkong.
Nachdem ich mich 6 Wochen mit Husten & Schnupfen durch die indischen und nepalesischen Straßen, Städte und vor allem die mit Hausstaub verseuchten Lodges geschleppt habe und meine Nasenschleimhaut Extraschicht um Extraschicht einlegen musste, kann sie sich in Hongkong erst mal locker machen. Kaum in der Metropole angekommen ist der Schnupfen weg.




Eins vorneweg: Hongkong rockt! Wenn ich mir die (nähere) urbane Zukunft irgendwie vorstellen müsste, dann würde es so ähnlich aussehen wie hier. In dem ein oder anderen nepalesischen Bett war es nicht so sauber wie hier auf dem Straßenbahnfußboden. Alles hat seine Ordnung, der Nahverkehr mit U-Bahn, Ferry, Bus und Tram ist unglaublich effizient...





...und die Hongkong-Chinesen sind so untypische Chinesen, dass man sich manchmal verwundert die Augen reibt, wenn man bisher hauptsächlich Kontakt mit Festlandchinesen hatte. Für uns ganz ungewohnt, so hatten wir doch zuletzt beim Trekking die Bekanntschaft mit den Gepflogenheiten einer chinesischen Gruppe gemacht, die in unserer Gegenwart großen Wert auf Körperpflege legte. So hüpfte bald der ein oder andere abgeknipste Fingernagel über unser Abendessen, Türen wurden prinzipiell nicht geschlossen und die Lautstärke des Ipads erst nach einem dezenten Hinweis herunter gedreht. Und in Peking haben wir das unglaublichste Gedrängel erlebt. Wenn man dort ein Ticket kaufen will und denkt, man sei jetzt endlich dran, dann schiebt sich mit Sicherheit noch ein Chinese unter deinem Arm an dir vorbei und du wartest wieder (hier wird gerade ordentlich pauschalisiert ;-).

Hong Kong, the other China

Jetzt aber Hongkong: Eine Bushaltestelle erkennt man an der 15-Meter langen Schlange auf dem Bürgersteig, die so angeordnet ist, dass kein Passant dadurch gestört wird. Auch in der Metro stehen alle so brav in einer Reihe an, dass WIR plötzlich die Festlandchinesen (oder auch Inder) sind, die etwas plump und unreflektiert das Abteil stürmen bevor alle draußen sind. Und wenn eine Omi einsteigt, dann stehen plötzlich 10 Leute auf, um ihren Platz anzubieten - unvorstellbar in den bisher bereisten Ländern. Für uns die krasseste Umstellung sind allerdings Ampeln. Wochenlang hat es für uns keine Ampeln gegeben oder sie wurden einfach ignoriert, wenn`s keine 6-spurige Straße mit Rush-Hour-Verkehr war, dann sind wir einfach drüber. Wenn wir das nicht gelernt hätten, stünden wir heute noch in Kairo. Die Hongkonger sind aber so sicherheitsbewusst und ordnungsliebend, dass sie lieber auch mal vor `ner grünen Ampel stehen bleiben. Zum Glück haben sie deshalb überall Fußgängerbrücken, die sich teilweise über mehrere Straßenblöcke ziehen (und nebenbei die Einkaufszentren miteinander verbinden). Immerhin haben sie es durch ihre Vorsicht in jeder Situation zur weltweit höchsten Lebenserwartung geschafft :-)

Fußgängerbrücken






Hongkong ist aber nicht nur eine hocheffiziente Metropole mit 8 Millionen Einwohnern, sondern besteht aus unzähligen Inseln und Bergen, die eine Bebauung von 75% der Fläche gar nicht erst zulassen. Dementsprechend ist es rund um die Innenstadtgebiete sehr grün und die Hochhäuser ragen direkt an die Berge ran. Es gibt tatsächlich mehrere Hundert Kilometer Wanderwege in Hongkong und auch den einen oder anderen Sandstrand. Sämtliche Wanderwege sind aber betoniert (!) und mit unzähligen Hinweisschildern versehen, damit dem Hongkong-Chinesen auch hier ja nichts passieren kann. Als wir gerade dabei sind, uns köstlich darüber zu amüsieren, schlängelt sich aus dem Gras neben dem Weg unsere erste wilde Schlange vor unsere Füße – eine (wie wir später feststellten) seltene, hochgiftige Chinesische Kobra. Wer ab jetzt keinen Fuß mehr neben den asphaltierten Weg gesetzt hat, dürfte klar sein ;-)


Betonierte Böschung mit Pflanzenloch




Bambooooo
Schaukeln an echten Lianen
Chinesische Kobra

Ein Touristenhighlight in Hongkong ist der Big Buddha – hört sich altehrwürdig an, ist aber erst in den 90er Jahren gebaut worden, um die Region um den neuen Flughafen etwas zu pushen. Man erwartet dann natürlich auch erstmal Disneyland-Atmosphäre (das ebenfalls neue Disneyland Hongkong ist übrigens tatsächlich nur eine Metro-Station weiter). Umso überraschter waren wir, dass der Buddha tatsächlich irgendwie einen ehrwürdigen Charme versprüht. Er sitzt gut positioniert auf einem von Wäldern umgebenen Berg, und wird häufig von tiefsitzenden Wolken umwabert (schlauerweise wurde er auf einen Hügel neben einem viel höheren Berg positioniert, der oft Löcher in die Wolkendecke reißt, was dem Buddha oftmals einen Heiligenschein aus Sonnenstrahlen beschert). Der Moment, in dem er dann auftaucht ist wirklich beeindruckend. Wie er da so riesig, über allem erhaben, rumsitzt und wahrscheinlich so vor sich hin om`t, ist ein Anblick, von dem man sich nicht so leicht lösen kann.






Jetzt aber zum Highlight von Hongkong – der Skyline. Leider haben wir davon erst mal wenig gesehen. Es war richtig Dicke Suppe als wir ankamen - und die Wettervorhersage versprach keine Besserung, was mir doch ein wenig Kopfzerbrechen bereitete. Aber zum Glück irrt der Wetterbericht auch in Asien manchmal und am zweiten Tag war die Sicht und damit meine Laune besser. Um den besten Blick über die atemberaubende Skyline zu erhaschen muss man auf den Aussichtspunkt Victoria Peak hinauf. Das macht man am besten mit der Peak Tram, einer Seilbahn, die schon über 100 Jahre (damals gab es noch gar kein Hochhaus) da hoch fährt. Dann läuft man einmal um den Peak herum (natürlich betoniert) und genießt die Sicht aus jeder erdenklichen Lage und am besten zu der Zeit, wo die Stadt ihr „Nachtgewandt überstreift.“











Auch sonst ist Hongkong unglaublich fotogen und hält bisher den Rekord für die meisten Bilder in kürzester Zeit. Besonders angetan hatten es mir all die geometrischen Formen in den Hochhäusern.

















Sehr nett fanden wir auch die Uferpromenade, mit der „Avenue of Stars“, dem Hongkong-Pendant zum „Walk of Fame“ in Hollywood.





Bruuuce!
John Who? - John Woo!

Aufgrund seiner hohen Bevölkerungsdichte (6000 Einwohner/qkm), in einigen Bereichen angeblich sogar 200000-300000 Einwohner/qkm (man stelle sich die bebaute Fläche eines typischen mittelhessischen Dorfes, zum Beispiel K-Town, vor und multipliziere die Einwohnerzahl mit 200), sind in Hongkong die Wohnungskosten unermesslich hoch. Backpacker zieht es deshalb oftmals in die Chungking Mansions, eine Wohnsiedlung aus den 60ern, das für relativ günstige Zimmer, aber niedrigen Hygienestandards. Wir hatten zwar nicht dort gebucht, aber in einem ähnlichen Gebäude ein paar Meter weiter und unsere Bedürfnisse waren nach den Trekkinglodges auch nicht gerade hoch (es sollte nur nicht kalt sein – was in Hongkong nicht das Problem sein dürfte) – wir erwarteten also nicht viel. Das Einchecken war schon grotesk, die Rezeptionsdame sprach kein Wort Englisch, konnte uns aber mit ihrer wohl bewährten Mixtur aus Mandarin, Pfeifen, Jaulen und Pantomime alles erklären und führte uns an Bildern von JFK, Stalin und Steve Jobs vorbei ins „Japan-Zimmer“. Auf ein winziges Kachelzimmer ohne Fenster vorbereitet, landeten wir erfreut in einem Traum aus rosa im Hello-Kitty-Design. Es gab auch einen „German Room“ im Hostel, wir wollten aber lieber nicht wissen, wer da abgebildet ist.







Zwei Dinge fielen uns in Hongkong jedoch etwas schwerer. Zum einen fühlten wir uns ständig irgendwie underdressed und wünschten uns doch einige Male die Standardtrekkingklüfte aus Nepal zurück. Die Rolexstoredichte in Hongkong ist enorm.









Zum anderen war das mit dem Essen etwas schwieriger. Nachdem wir 6 Wochen lang das indische und nepalesische Essen sehr genossen haben, war die Umstellung auf das (süd-)chinesische hart, da die Konsistenz vieler Gerichte doch recht gewöhnungsbedürftig (wabbelig) ist und überall irgendein Tierteil drinschwimmt, das man doch nicht essen möchte. Wahrscheinlich bräuchte man etwas mehr als drei Tage, um das ein oder andere ansprechende Gericht und Restaurant, herauszufinden. Da Nepal mir noch ein Abschiedsgeschenk in Sachen Magen –Darm-Verstimmungen mitgegeben hat, war mir aber sowieso nicht so nach essen zumute (was in Hongkong übrigens kein Nachteil fürs Portemonnaie war) und wir landeten das ein oder andere Mal bei den großen Fastfoodketten.


Lebende Krebse



Hongkong hat uns auf alle Fälle begeistert, nach den Wochen der westlichen Abstinenz war das genau das, was wir gebraucht haben.

Video:


Mehr Fotos:



















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